Geheimdienste

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Geheimdienste

„Wir sind Schild und Schwert der Partei." Dieser Slogan des KGB (1989 mit 490.000 Mitarbeitern, einschließlich 217.000 Grenzbeamten) wurde für die ostdeutschen Stasi (95.000 Mitarbeiter und über 174.000 Informanten) ebenso übernommen wie für die rumänische Securitate (38.000 Mitarbeiter, 450.000 Informanten – von denen nur 13.000 aktiv waren). Die Mitglieder dieser Organisationen waren gänzlich an die kommunistische Führung gebunden und standen de facto über dem Gesetz. Jede Taktik (Spionage, Erpressung, geheime Inhaftierungen und Verwahrung, Folter und Hinrichtungen) wurde akzeptiert, um die Interessen der Partei zu verteidigen. Sämtliche politischen Polizeikräfte hatten das sowjetische Modell (erst die Tscheka, dann die GPU, NKWD und schließlich der KGB) kopiert, das wiederum deutlich von der Struktur der Ochrana, der zaristischen Polizei, geprägt war. Fast sofort nachdem er an die Macht gekommen war, hatte Lenin die Staatssicherheit angewiesen, „den konterrevolutionären Schurken den Krieg zu erklären“ und „die Feinde des Volkes zu neutralisieren“. Der Sicherheitsdienst wurde zum Staat im Staat mit eigenen Schulen und Sportvereinen. Er war hoch spezialisiert, und sowohl für inländische als auch für internationale Spionage zuständig. Juri Andropow, der verantwortlich war für die Niederschlagung des Aufstandes in Ungarn 1956 und der 1967 Leiter des KGB wurde, schaffte es auf diesem Wege 1982 an die Spitze der sowjetischen Macht. Doch anders als in den 1930er Jahren in der UdSSR, und in den 50er und 60er Jahren im Ostblock wurde die Ost-West-Spaltung hingenommen. Die funktionierenden Machtapparate des Systems und die verhältnismäßig stabile wirtschaftliche Lage der 1970er Jahre führten dazu, dass große Teile der Bevölkerung den Kommunismus akzeptierten. Diese Zeiten erforderten nicht Stalins Terror oder eine massive Liquidierung der Eliten. Strengere Grenzkontrollen hinderten Menschen daran, das Land zu verlassen und es wurde versucht das Hereindringen von Informationen von außen zu verhindern. Allein in Ostdeutschland war der Informationsfluss etwas durchlässiger, da dort westdeutsches Fernsehen und Radio empfangen werden konnte, deren Frequenzen dementsprechend oft systematisch gestört wurden. Politische Opposition konnte man also vorerst nur als Randerscheinung finden: in der Jugend, der Kirche, bei den Intellektuellen und Künstlern. Zwar gab es den spekatkulären Austausch von Spionen an der Glienicker Brücke bei Potsdam, die den Zusammenhang von Kaltem Krieg und Geheimdienst einmalig illustrierten. Doch der eigentliche Hauptzweck der politischen Polizei bestand darin, die Gesellschaft derart zu kontrollieren, dass Protest nicht öffentlich geäußert wurde. Dazu sollte sie auf sämtlichen Ebenen infiltriert werden. Der Grad der Gewalt variierte hierbei von Land zu Land. Die bevorzugten Methoden waren psychologischer und sozialer Druck, Provokation, Desinformation, Diffamierung, Verlust des Arbeitsplatzes, Hochschulverweigerung und psychiatrische Internierung. Offiziell wurden die meisten der Lager in den 50er Jahren geschlossen, doch „geheime“ Gefängnisse gab es weiterhin, so z. B. Lubjanka in Moskau und Hohenschönhausen in Berlin. „Inoffizielle“ Informanten, die an spezielle Agenten Bericht zu ertsatten hatten, warfen ein kostengünstiges Netz über die ganze Gesellschaft und förderten so die Selbstzensur und ein Klima der Angst. Der KGB fuhr bis 1989 fort, diese Dienste der „Bruderstaaten“ zu koordinieren und zu befehlen. Unter der Regierung Gorbatschows wurde mehr oder minder erfolgreich versucht, in einigen Ostblockländer Reformen einzuleiten. Als der Kommunismus zusammenbrach, richtete sich ein Großteil des Volkszorns gegen die politischen Polizeikräfte. Einige Staaten (Deutschland, Polen, Tschechische Republik) machten es sich zur Aufgabe, Archive einzurichten und die Arbeitsweise der Geheimdienste offenzulegen („Lustration"), während andere Länder des ehemaligen Ostblocks es vorzogen, den Deckmantel des Schweigens über diese schmerzhafte Vergangenheit zu werfen (Russland, Ungarn, Rumänien).

Themenarchiv

Zersetzung des Feindes

Jede politische Polizeitruppe hatte ihr eigenes Vokabular. In dieser „Anordnung“ von 1976 erklärt die Stasi den Einsatz des „Zersetzens“ ...

Land: Deutsche Demokratische Republik / Jahr:

Jede politische Polizeitruppe hatte ihr eigenes Vokabular. In dieser „Anordnung“ von 1976 erklärt die Stasi den Einsatz des „Zersetzens“ – ein zentrales Element dessen, was sie taten und wie sie dachten: Zerkleinern, auflösen, zerlegen. Das Ziel war buchstäblich, die „negativen feindlichen Elemente zu zersetzen“, die der Vormachtstellung der Partei schaden könnten. Alle Mittel waren erlaubt, einschließlich des Rückgriffs auf die reguläre Polizei, den Arbeitsplatz, auf „inoffizielle Mitarbeiter“ aus dem Umfeld der Person etc. Ziel war es, Widersprüche der Staatsgegner untereinander zu verwenden, zur „Zersplitterung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung feindlich-negativer Kräfte“ und sie so davon abzuhalten, effektiv zu handeln. Bedeutende Aktionen mussten direkt durch den Minister der Staatssicherheit, Erich Mielke, genehmigt werden. Alles musste „schnell und schlüssig“ geschehen und gut dokumentiert werden. Diese berühmte Richtlinie 1/79 aus dem Ministerrat wurde von Mielke als streng geheim klassifiziert, es wurden nur 30 Kopien davon angefertigt.

Schwert und Schild der Partei

Die Insignien des KGB (Komitee für Staatssicherheit in der UdSSR) fassen die Ideologie dieser wichtigsten Institution zur Aufrechterhaltung der sowjetischen Macht klar zusammen: Sie ist Schild und Schwert der Partei.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Die Insignien des KGB (Komitee für Staatssicherheit in der UdSSR) fassen die Ideologie dieser wichtigsten Institution zur Aufrechterhaltung der sowjetischen Macht klar zusammen: Sie ist Schild und Schwert der Partei. Das Schild zur Verteidigung der Revolution, das Schwert, um die Feinde zu zerstören. Zu Ehren der ersten sowjetischen Polizei, der Tscheka, nannten sich die KGB-Agenten „Tschekisten“. Diese Tschekisten bildeten eine separate Gesellschaftsklasse: besser ausgebildet, besser informiert und ganz dem Zentrum ergeben. 1983 bezeichnete das Time Magazine den KGB als beste ausländische Spionageorganisation der Welt. Der KGB war in mehrere Hauptverwaltungen und Verwaltungen gegliedert, darunter Spionage (sogenannte Auslandsaufklärung, 1. Hauptverwaltung) und Spionageabwehr (2. und 3. Hauptverwaltung). Doch Juri Andropow, ab 1967 Leiter des KGB und 1982 zum Generalsekretär der UdSSR ernannt, befasste sich vor allem mit dem Kampf gegen die inländische „ideologische Subversion“ (5. und 7. Hauptverwaltung).

Der Fall von Felix Dserschinski

Auf dem Lubjanka-Platz in Moskau: Die Statue des „Eisernen Felix“, polnischer Bolschewik, Gründer der Tscheka und unerbittlicher Inquisitor, war lange Zeit das Symbol der großen tyrannischen Macht des KGB.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Auf dem Lubjanka-Platz in Moskau: Die Statue des „Eisernen Felix“, polnischer Bolschewik, Gründer der Tscheka und unerbittlicher Inquisitor, war lange Zeit das Symbol der großen tyrannischen Macht des KGB. Seit der Geburt der sowjetischen politischen Polizei war das Lubjanka genannte Bauwerk, in der Nähe des Roten Platzes in Moskau, die Inkarnation des staatlich sanktionierten Terrors. Das große gelbe Gebäude, das den KGB beherbergte, (und auch seine Vorläufer, die Tscheka, die GPU, NKWD und den MWD) verbirgt im Keller unzählige Zellen, in denen „Feinde des Volkes“ grausame Folter erlitten – die Gerüchte darum haben eine fast genauso abschreckende Wirkung gehabt wie die Realität. Stalin hatte die Kirche auf dem Platz rund um das Gebäude abreißen lassen, um es besser hervorzuheben. Am 22. August 1991, nach dem gescheiterten Putsch gegen Gorbatschow, riss die wütende Menge die Statue, die den Vorsitzenden der Tscheka darstellte, herunter. Das Werk von einem der gefeiertsten Künstler des Sozialistischen Realismus, Jewgeni Wutschetitsch, wurde danach zusammen mit anderen entthronten, gefallenen Symbolen in den Moskauer Kunstpark verlagert. Als Putin die Regierung übernahm und damit die Silowiki (Geheimsoldaten) an die Macht zurückkehrten, kamen Gespräche darüber auf, die Statue von Felix Dserschinski zurück auf den ursprünglichen Sockel zu bringen.

Die Agentenbrücke

Von 1962 bis 1986 wurden drei Mal Spione an der Glienicker Brücke ausgetauscht. Die Brücke führt über die Havel zwischen Berlin und Potsdam, südwestlich der ehemaligen DDR-Hauptstadt.

Land: Deutsche Demokratische Republik / Jahr:

Von 1962 bis 1986 wurden drei Mal Spione an der Glienicker Brücke ausgetauscht. Die Brücke führt über die Havel zwischen Berlin und Potsdam, südwestlich der ehemaligen DDR-Hauptstadt. Zumindest die westliche Öffentlichkeit nahm großen Anteil an den Austauschaktionen, wogegen die DDR mit entsprechenden Berichten eher zurückhaltend war. Die Brücke wurde aus strategischen Gründen als Übergabeort gewählt, da sie an der "Grenze" zwischen dem amerikanischen und sowjetischen Sektor von Berlin lag. So wurde sie als Brücke der Spione bekannt. Der KGB verwaltete einen Beobachtungsposten in der Nähe. 1962 wurde Gary Powers, Pilot eines amerikanischen U2 Spionage-Flugzeuges über der UdSSR abgeschossen und gegen einen amerikanischen kommunistischen Spion ausgetauscht. 1985 wurden dann 23 ostdeutsche politische Gefangene gegen vier Spione, die in den Vereinigten Staaten festgehalten wurden, ausgetauscht. Schließlich, ein Jahr später, im Februar 1986, wurden fünf KGB-Agenten (zwei Tschechen, ein russischer Computer-Spezialist, ein Pole und ein DDR-Bürger) für den „Refusenik“-Verweigerer Natan Scharansky und vier westliche Agenten ausgetauscht. Der Kalte Krieg war auch ein Krieg der Geheimdienste. Die gesammelten Informationen wurden verwendet, um – auf beiden Seiten – im Falle eines „heißen“ Kriegsausbruchs die Notwendigkeit der eigenen Aufrüstung und die eigene Spionageabwehr zu rechtfertigen. Informationen der „anderen Seite“ zu erlangen und zu analysieren, hatte fundamentale Bedeutung. Diese Weltsicht verhalf allerdings nicht zu einem klaren Verständnis der strukturellen Bewegungen in den Gesellschaften.

Die „Feinde des Volkes“ verfolgen, abhören und vernichten

Beschattung einer Vielzahl von Menschen (wie hier in den Unterlagen zu sehen), Abhörmaßnahmen und Telefonüberwachung in den Hotelzimmern ausländischer Besucher...

Land: Tschechoslowakei / Jahr:

Beschattung einer Vielzahl von Menschen (wie hier in den Unterlagen zu sehen), Abhörmaßnahmen und Telefonüberwachung in den Hotelzimmern ausländischer Besucher, (Wanzen), den Wohnungen von Dissidenten und die willkürliche oder gezielte Beschlagnahmung der Post – der tschechoslowakische Geheimdienst StB nutzte alle erdenklichen menschlichen und technologischen Mittel, um die sogenannten „konterrevolutionären Elemente“ innerhalb der eigenen Bevölkerung zu verfolgen. Agenten wussten, wie man Mikrofone in Tapeten versteckt, fünfzig Vollzeitübersetzer waren angestellt, um täglich 800 überwachte Telefonate und 170.000 abgefangene Briefe zu entschlüsseln. Dieser Aufwand erbrachte Beweise, die in zukünftigen Verfahren gegen die „Klassenfeinde“ genutzt werden sollten. Wie alle sozialistischen Polizeikräfte, kopierte der StB die Methoden des KGB. Aber jeder Geheimdienst hatten sie jeweils ihre Spezialitäten und Besonderheiten, wie die ostdeutschen Spione die als Liebhaber weibliche Zielpersonen aushorchten (auch bekannt als „Romeos“) undspionierende Sekretärinnen für hochrangige Beamte oder die „bulgarischen Regenschirme“, in Curare, einem Pfeilgift, getaucht, um im Exil lebende politische Gegner zu ermorden.

Die Verfolgung der polnischen Studentenbewegung

Die polnische politische Polizei (SB) hatte genug Arbeit im Umgang mit der katholischen Kirche und der Gewerkschaft Solidarność.

Land: Volksrepublik Polen / Jahr:

Die polnische politische Polizei (SB) hatte genug Arbeit im Umgang mit der katholischen Kirche und der Gewerkschaft Solidarność. Dieses Interview lässt Jugendlichen, die den neu gebildeten Studentenverein unterstützten, erläutern, wie sie von den polnischen „Tschekisten“ – auch körperlich – eingeschüchtert wurden. Daneben gelang es der SB, die Kirche zu infiltrieren: Eine Vielzahl von Priestern wurden als Mitarbeiter des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) aufgeführt, in dem die Archive der Geheimpolizei von 1944 bis 1989 aufgehoben werden.