Nomenklatura

Gesellschaft

Nomenklatura

Trotz des Zieles der kommunistischen Ideologie, eine egalitäre Gesellschaft zu schaffen, etablierte sich in der UdSSR und den demokratischen Republiken eine herrschende Klasse, die mit politischer Macht und wirtschaftlichen Privilegien ausgestattet war, die Nomenklatura. Sie entstand mit den Listen (aus dem Lateinischen nomenclaturae) von möglichen Kandidaten für wichtige Positionen innerhalb der Partei und der staatlichen Verwaltungen. Diese Listen wurden offiziell von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion erstellt. Das Wort Nomenklatura bezeichnete später im weiteren Sinne also alle auf diese Weise in der UdSSR und den Satellitenstaaten ernannten Parteifunktionäre. Dank ihres Gehalts und sonstiger Leistungen, hatten die Mitglieder der Nomenklatura einen viel besseren Zugang zu Konsumgütern als der Rest der Bevölkerung. Obwohl die Verwendung von sogenannten Luxusprodukten, wie privaten Autos, offiziell nicht befürwortet wurde und trotz Mangel an vielen Produkten und Dienstleistungen (Unterkunft, Verpflegung, allgemeine Konsumgüter), konnte diese kleine Minderheit auf für sie vorbehaltene Vertriebssysteme zugreifen und die besten Leistungen zu niedrigen Preisen nutzen. Diese Differenzierungen innerhalb der kommunistischen Gesellschaft waren begleitet von der Schaffung einer semilegalen oder illegalen Schattenwirtschaft, die auf Korruption und Unterschlagung von Staatseigentum beruhte. Durch ihre bloße Existenz offenbarte die Nomenklatura das materielle und symbolische Versagen eines gesamten Systems.

Themenarchiv

Besondere Restaurants für die Elite

In der UdSSR hatten jene, die hochrangige Ämter in Verwaltung, Wirtschaft oder der Partei bekleideten, Zugang zu besonderen Restaurants.

Land: Sowjetunion / Jahr:

In der UdSSR hatten jene, die hochrangige Ämter in Verwaltung, Wirtschaft oder der Partei bekleideten, Zugang zu besonderen Restaurants. Durch diesen sowohl materiellen als auch symbolischen Vorteil wurde ein gewisser Lebensstil und ein besonderes Image erzeugt. Sichtbare Zeichen der Zugehörigkeit zur Elite und eine Reihe entsprechender Privilegien ließen einen himmelweiten Unterschied sichtbar werden.

Die goldene Jugend

Vom Aufstieg der Nomenklatura profitierten auch viele ihrer Kinder.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Vom Aufstieg der Nomenklatura profitierten auch viele ihrer Kinder. Als Breschnew an die Macht kam, erreichte die Nomenklatura schließlich die Stabilität, die sie seit der stalinistischen Periode angestrebt hatte. Die 1970er Jahre signalisierten das goldene Zeitalter des „sowjetischen Feudalismus",

Das ZIL-Auto

Die sowjetische Firma Z.I.S., 1956 umgetauft in Z.I.L., produzierte für die Nomenklatura Prestige-Automobile, die genaugenommen schlechte Kopien schwerer, amerikanischer Vorkriegsautos waren.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Die sowjetische Firma Z.I.S., 1956 umgetauft in Z.I.L., produzierte für die Nomenklatura Prestige-Automobile, die genaugenommen schlechte Kopien schwerer, amerikanischer Vorkriegsautos waren. Autos blieben weiterhin ein seltenes Gut in der UdSSR. Der Besitz eines luxuriösen Autos war ein demonstratives Zeichen der Zugehörigkeit zur herrschenden Elite.

Das Jalta Hotel auf der Krim

Die im späten 19. Jahrhundert entstandenen Seebäder an den Ufern des Schwarzen Meeres wurden von den sowjetischen Beamten instand gehalten und ausgebaut.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Die im späten 19. Jahrhundert entstandenen Seebäder an den Ufern des Schwarzen Meeres wurden von den sowjetischen Beamten instand gehalten und ausgebaut. Sogar Stalin selbst erholte sich dort gern: Er verbrachte seine Sommer vorzugsweise in Sotschi, am Fuße des Kaukasus. 1977 wurde das monumentale Hotel Jalta errichtet. Ausgestattet mit Bars, Restaurants, Solarien, einer Konzerthalle und einem Kino, einem Park mit Zugang zum Strand liefert es ein eindrückliches Beispiel dieser luxuriösen und modernen Komplexe, die einst ausländischen Gästen und der Nomenklatura vorbehalten waren. 1929 wurde ein offizielles Reisebüro (Intourist) gegründet, eigens um die Aufenthalte für VIP-Gäste zu organisieren.

Zuhause bei der Nomenklatura

Die Nomenklatura, also jene, die "des Vertrauens der Partei würdig waren", lebte in Unterkünften, von denen der Rest der Bevölkerung nur träumen konnte.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Die Nomenklatura, also jene, die "des Vertrauens der Partei würdig waren", lebte in Unterkünften, von denen der Rest der Bevölkerung nur träumen konnte. Dort gab es unerreichbare Güter wie Telefone, Haushaltsgeräte (tschechische oder ungarische für die oberen Kader, sowjetische für die unteren), manchmal sogar ein Auto. Parkettböden, Möbel in dunkel lackiertem Holz, hochwertiges Geschirr, Bücher in Sammlereditionen und sogar Kristalllampen und -leuchter für die ranghöchsten Mitglieder. Eine schöne 3-bis-4-Raum-Wohnung schien wie das Höchste des Komforts für all jene, die in einer heruntergekommenen Wohngemeinschaft lebten und Küche, Bad und Privatsphäre mit anderen Familien teilen mussten. Dieser ganze Luxus (obwohl im Vergleich zum Westen begrenzt) nährte die Eifersucht und das Gefühl der Abgrenzung zwischen "uns" und "denen".

Polnische Werbung für PEWEX Geschäfte

Sowohl in der UdSSR als auch in ihren Satellitenstaaten konnte man importierte Artikel in sogenannten „Dollargeschäften” kaufen, wo nur die westlichen Währungen akzeptiert und die lokalen Währungen nicht getauscht wurden.

Land: Volksrepublik Polen / Jahr:

Sowohl in der UdSSR als auch in ihren Satellitenstaaten konnte man importierte Artikel in sogenannten „Dollargeschäften” kaufen, wo nur die westlichen Währungen akzeptiert und die lokalen Währungen nicht getauscht wurden. PEWEX, eine Ladenkette, die 1974 in Polen eröffnet wurde, war viel mehr auf die Einheimischen ausgerichtet als auf ausländische Touristen. Während Alkohol mindestens 30% ihrer Umsätze ausmachte, begann PEWEX auch zunehmend Konsumgüter zu verkaufen, je mehr die nationale Produktion und Versorgung hinter der Nachfrage zurückblieb. Dies führte zu einer deutlichen Abgrenzung zwischen denen, die Zugang zu ausländischen Währungen hatten und denjenigen, denen dies nicht möglich war. Auf Drängen der Gewerkschaft Solidarność wurde dem Danziger Abkommen vom August 1980 eine Bestimmung hinzugefügt, die den Verkauf von Konsumgütern und lokal hergestellten Produkten in diesen Filialen verbieten sollte.

Pressekonferenz über die Korruption innerhalb der öffentlichen Verwaltung in Polen

Diese Pressekonferenz befasst sich – wenn auch eher subtil – mit der Frage der Korruption unter Beamten.

Land: Volksrepublik Polen / Jahr:

Diese Pressekonferenz befasst sich – wenn auch eher subtil – mit der Frage der Korruption unter Beamten. Sie erfragt dazu die persönlichen Vermögensverhältnisse der Verwaltungsmitglieder, die offensichtlich deren Gehälter deutlich übersteigen. Der Minister gibt dazu die übliche Antwort, indem er schlicht von „Regulierung“ spricht. Eine weitere Frage betrifft die Abläufe der Einstellung und Beförderung in der Verwaltung: "Sollte es Tests geben? Ist es angemessen, einen gewissen Konkurrenzkampf zu erlauben?" Die Fragen waren natürlich explizit auf das System der Nomenklatura ausgerichtet.

Bericht über Modenschauen und westliche Kleiderboutiquen in Budapest

Modenschauen und die Eröffnung der westlichen Boutiquen der Haute Couture (z.B. Pierre Cardin) zeugen davon, dass sich das kommunistische Ungarn langsam der westlichen Mode gegenüber öffnete.

Land: Volksrepublik Ungarn / Jahr:

Modenschauen und die Eröffnung der westlichen Boutiquen der Haute Couture (z.B. Pierre Cardin) zeugen davon, dass sich das kommunistische Ungarn langsam der westlichen Mode gegenüber öffnete. Zugleich waren sie ein deutliches Zeichen der Kluft zwischen den Privilegierten, die Zugriff auf diese ausländischen Waren hatten, und dem Rest der Bevölkerung, die, wie diese "Männer auf der Straße", nur in die Schaufenster schauen konnten...