Meine Eltern hatten komplizierte Namen

Autor

Solmaz Gusseynova

Ingenieurin
Sowjetunion

Solmaz‘ Eltern kommen beide aus Aserbaidschan. Ihr Vater verließ die Republik im Alter von 18 Jahren, um am Polytechnischen Institut in Leningrad zu studieren, wollte jedoch stets in seine Heimat zurückkehren. Doch es kam anders, und die Familie musste sich an das Leben in der Sowjetunion anpassen: Die Eltern lernten (mit Hilfe der kleinen Solmaz) die russische Sprache und Lebensart und verbrachten nur ihren Urlaub in Aserbaidschan. Die Zeit der Perestroika war sehr dramatisch für Solmaz und ihre Eltern, die viele nationale Konflikte in den nach Unabhängigkeit strebenden Sowjetrepubliken sehr persönlich nahmen.

Postkarte

Sowjetunion, Leningrad
30.3; 60.0
Vorderseite, Autor: Solmaz Gusseynova
Hochzeitskarte
Eine Hochzeitskarte, die Solmaz' Familie seit 1977 aufgehoben hat.
Rückseite, Autor: Solmaz Gusseynova
Komsomol-Briefmarke
1966 herausgegebene Briefmarke des Komsomol (Kommunistischer Jugendverband).
Postkartentext
Liebe Nastenka und lieber Misha! Alles Gute zur Hochzeit! Wir wünschen euch viel Glück. Herr und Frau Guseinow. 24. Juni 1993

Persönliche Archive

Solmaz und ihre Mutter

Solmaz und ihre Mutter in den späten 1970er Jahren in einer Wohngegend von Leningrad

Land: Sowjetunion / Jahr:

Solmaz und ihre Mutter in den späten 1970er Jahren in einer Wohngegend von Leningrad. Solmaz‘ Eltern kommen beide aus Aserbaidschan. Damals wurden die besten Studenten jeder Sowjetrepublik an die Eliteuniversitäten des Landes geschickt, so dass jede Sowjetrepublik über ihre eigenen Spezialisten verfügte. Solmaz‘ Vater kam an die Polytechnische Universität Leningrad, da in Aserbaidschan damals Energiefachleute gebraucht wurden. Seine Frau kam einige Zeit später nach.

Solmaz mit ihrem Onkel

Mit ihrem Onkel und Einwohnern eines Dorfs in Aserbaidschan

Land: Sowjetunion / Jahr:

Mit ihrem Onkel und Einwohnern eines Dorfs in Aserbaidschan. Da ihre Eltern beide arbeiteten, kamen Solmaz und ihr Bruder schon früh in den Kindergarten. Dort waren die Bedingungen alles andere als optimal: Da viele Kinder im Raum waren, ließ der Lehrer die Fenster offen, und Solmaz erkrankte mehrfach an Lungenentzündung. Ihre Eltern beschlossen, sie in den Sommerferien nach Süden zu ihrer Familie nach Aserbaidschan zu schicken. Dort hatte sie mit der traditionellen Einstellung Mädchen gegenüber zu kämpfen: „Viele Dinge waren nur Jungen erlaubt. Sie hatten viel mehr Freiheit. Ich durfte nicht jagen gehen …“

Eine kommunistische aserbaidschanische Familie

Solmaz’ Mutter in Leningrad

Land: Sowjetunion / Jahr:

Solmaz’ Mutter in Leningrad. Wie ihr Vater hat auch Solmaz’ Mutter ein Ingenieurstudium absolviert. Sie kam aus einer kommunistischen aserbaidschanischen Familie in Eriwan. Ihr Vater (Solmaz‘ Großvater) wurde während eines Massakers von der Roten Armee gerettet. Dadurch wurde er zu einem glühenden Befürworter der sowjetischen Politik. Er war ein „Tschekist“ (ein Mitglied der Tscheka, des ersten sowjetischen Staatssicherheitsdienstes), und ein Bewunderer Stalins. Solmaz erinnert sich, dass er alle Aufzeichnungen über die Reden Stalins in einer roten Samtschatulle aufbewahrte.

Solmaz’ Vater und Mutter

Solmaz‘ Vater und Mutter kurz nach ihrer Hochzeit

Land: Sowjetunion / Jahr:

Solmaz‘ Vater und Mutter kurz nach ihrer Hochzeit. Solmaz’ Eltern lernten sich in Baku kennen, wo ihr Vater Ghassan studierte, bevor er in die Polytechnische Universität in Leningrad eintrat. Ihre Eltern hatten beide das Glück, an der Universität studieren zu können. In kinderreichen Familien war dies nur den jüngsten Kindern möglich, da die älteren arbeiten mussten, um die Familie zu unterstützen.

Solmaz' Klasse

Solmaz’ Klasse; die Kinder sind ca. acht Jahre alt.

Land: Sowjetunion / Jahr:

Solmaz’ Klasse; die Kinder sind ca. acht Jahre alt. Da Solmaz bereits sehr früh in Leningrad zur Schule ging, sprach sie als Einzige in ihrer Familie fließend Russisch. Für ein junges Mädchen aus einer Ausländerfamilie war es nicht immer einfach, in Russland zur Schule zu gehen. Es fiel den Menschen schwer, die Namen ihrer Eltern zu verstehen. Solmaz selbst verwendete in der Schule den russischen Namen Natascha. Jahre zuvor hatte ihr Großvater den Familiennamen von Dervishli in Dervichevy geändert und dabei die russische Aussprache berücksichtigt, denn er wollte nicht, dass seine Kinder so wie er wegen des muslimischen Namens diskriminiert wurden.